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64. Kapitel

Die "Unterwelt" der menschlichen Gemeinschaft als Schauplatz für die erste Begegnung "Adams" und "Evas" mit einer Moral, die ein absoluter Kontrast zu der des Tierreiches ist  Die Welt ist voller Eltern und Kinder. Das Verhältnis zwischen den Wesen dieser zwei Gruppen zeigt sich teils als "verlorene Eltern", teils als "verlorene Söhne". Daher ist die Sympathie zwischen Eltern und Kindern nur bei einem Bruchteil der Gesamtheit der Wesen in absolutem Gleichgewicht, vollkommen harmonisch. Dieser Bruchteil wird also von Eltern und Kindern gebildet, die auf derselben Entwicklungsstufe stehen, d.h. von Eltern und Kindern, deren natürliche Anlage denselben Glauben, dieselbe Lebensauffassung, Moral und Lebensweise aufweisen. Zwischen ihnen ist das Verhältnis gut, hier werden die Sohnesliebe und die Elternliebe zu gegenseitiger Inspiration, Freude und Harmonie. Und genau dasselbe macht sich bei der kosmischen "Elternschaft" geltend, d.h. beim Verhältnis zwischen den Menschen der Erde und der Gottheit. Hier ist es auch nur ein Bruchteil aller Wesen, die, wie wir noch sehen werden, auf "derselben Stufe" wie ihr "himmlischer Vater" sind.
      Wie wir schon angedeutet haben, gibt es eine Gruppe von Wesen, bei denen die Kinder auf einer niedrigeren Entwicklungsstufe stehen als ihre Eltern und wo diese Disharmonie eine Trennung herbeiführt, "verlorene Söhne" schafft.
      Da diese Kinder also auf einer niedrigeren Stufe als die Eltern stehen, enthält ihre Mentalität mehr Egoismus, Rücksichtslosigkeit, Brutalität und Unehrlichkeit als die der Eltern. Da diese Gedankenklimate die höchsten Früchte ihrer Entwicklungsstufe, der normalen natürlichen Anlagen ihres Lebens sind, können sie nicht in Übereinstimmung mit ihren Eltern leben, bei denen diese Gedankenklimate ja viel weniger hervortreten und deren höchste geistige "Früchte" von viel höherer oder edlerer Beschaffenheit sind. Solche Kinder müssen zwangsläufig gegen ihre Eltern aufsässig werden, deren Erziehungs- und Kultivierungsversuche auf sie als Plage, als Zwang wirken und deren Resultate im besten Falle, wie schon gesagt, nur zur "Dressur", nur zu einer äußeren, künstlichen Darstellung einer Entwicklungsstufe werden, der die Kinder gar nicht angehören. Diese Aufsässigkeit gegen die Eltern resultiert bestenfalls in einer Trennung zwischen den Beteiligten. Die Kinder wenden den Eltern den Rücken zu, ziehen fort, wandern in die niedrigere geistige Zone, wo sie rechtmäßig zu Hause sind.
      Dieses "Fortziehen" beruht also auf der Flucht einer niedrigeren Natur fort von einer höheren oder auf der Umgehung derselben. Da kein solcher "verlorener Sohn" imstande ist, seinen unterlegenen, weniger entwickelten oder primitiven Zustand zu erkennen, lebt er in einem eingebildeten Martyrium und sieht seine höher entwickelten Eltern nur durch eine von Zorn und Hass gefärbte Atmosphäre. Und da Rücksichtslosigkeit und Egoismus in seinem Bewusstsein auch stark vorherrschen, kennt er nur den Zustand, "sich selbst der Nächste zu sein". Und in dieser illusorischen Auffassung der Wahrheit verlassen diese Kinder den häuslichen Herd und richten ihren Kurs blind auf einen Erziehungsfaktor aus, der die Mentalität auf andere Weise umzugestalten versteht, der auf andere Weise versteht, das "Böse" zum "Guten" zu wenden und der diese Wesen ganz unfehlbar anders anfasst als die väterliche und mütterliche Güte und die üblichen autorisierten Erziehungsmethoden. So wenden diese Wesen sich von den ihnen zu hohen väterlichen und mütterlichen Ratschlägen und Auffassungen fort und kämpfen für die Befreiung und Auslösung ihrer eigenen angeborenen und einer niedrigeren Ebene angehörenden Instinkte.
      Aber die Instinkte und Neigungen einer niedrigeren Ebene lösen immer eine größere Brutalität und Rücksichtslosigkeit aus als die einer höheren Ebene. Und da Brutalität und Hass absolut nur Brutalität und Hass erzeugen, und zwar auf die gleiche Weise, wie aus Gerste immer nur Gerste und aus Roggen immer nur Roggen erwächst, müssen die "verlorenen Söhne" unumgänglich immer von der Brut oder Ernte der Lebensweise leben, die sie selbst gesät haben. Die Ernte einer brutalen und andere peinigenden Lebensweise zwingt den "Urheber" unvermeidlich in die Knie. Durch die Rückwirkung aller Leiden, die diese Wesen anderen Lebewesen selbst zugefügt haben, bekommen sie ja unumstößliche Beweise der Vergänglichkeit ihrer eigenen Lebensweise, ihrer Disharmonie mit jenen Gesetzen, die wirklich das vollkommene Glück schaffen. Sie beginnen durch eigenes Erleben einen Einblick in den größeren Idealismus jener Lebensweise zu bekommen, die sie von ihren Eltern nicht anzunehmen vermochten und von der sie ja auch glaubten, dass sie falsch war. Und mit diesem wachsenden Einblick beginnt der Rückzug. Die "verlorenen Söhne" "gehen in sich", erkennen, dass sie "zusammen mit den Schweinen essen", d.h., sie erkennen, dass ihre Lebensweise primitiver ist, mehr der der Tiere als der der Eltern gleicht. Dies erzeugt wieder eine solche Sehnsucht nach dem Vaterhaus, nach den Eltern, dass es begehrenswerter ist, bloß einer "der Tagelöhner des Vaters" zu sein, als in der Lebensweise zu leben, die sie ursprünglich selbst wählten. Und durch diese Sehnsucht wird der biblische Bericht von der festlichen Heimkehr des "verlorenen Sohnes" und von seiner Vereinigung mit dem Vater zur Wirklichkeit.
      Bei der kosmischen "Elternschaft" geschieht im Prinzip genau dasselbe. Hier sind die "Eltern", wie schon gesagt, mit dem "himmlischen Vater" zu vergleichen, dessen sichtbare Repräsentanten in diesem Falle die landläufige autorisierte religiöse Lebens- und Moralauffassung ist, während die "verlorenen Söhne" die Wesen sind, deren angeborene Instinkte und Neigungen nur durch Zwang unter diese Lebens- und Moralauffassung und unter das hierauf beruhende Gesetzes- und Rechtswesen eingeordnet werden können.
      Wie die "verlorenen Söhne" mit ihren Eltern aufgrund deren höherer Entwicklung in Disharmonie kommen, sind die "verlorenen Söhne" der menschlichen Gemeinschaft auch in Disharmonie mit der Gesellschaft oder Gemeinschaft, in der sie geboren sind, weil diese Gemeinschaft eine höhere Lebensanschauung und Moralauffassung hat. Und die Gemeinschaft, die ja die kosmischen "Eltern" dieser Wesen ausmacht, hat große Mühe und Beschwerden, diese ihre "verlorenen Söhne" zu "erziehen". Hier jedoch heißen diese Wesen nicht "verlorene Söhne", sondern bilden vielmehr zusammen eine Welt innerhalb der normalen Gemeinschaft, die wir als "Verbrecher-" oder "Unterwelt" kennen. Im Grunde ist von wirklicher "Erziehung" dieser Wesen gar nicht die Rede. Dazu sind sie viel zu weit in der Entwicklung hinter der der Allgemeinheit zurück. Die Gemeinschaft schützt sich gegen diese Wesen durch eine Vielzahl von Maßnahmen wie Rechtswesen, Gefängnisse, Strafen und Hinrichtungen, Tortur und Zwangsarbeit und übt dadurch – nicht Erziehung, sondern – Dressur aus.
      So hat jede Gemeinschaft eine "Unterwelt", und zu ihr gehören also alle Geschöpfe, die aufgrund ihrer primitiven Natur die Gesetze der Gemeinschaft übertreten, die sogenannten "Verbrecher". Zu dieser "Unterwelt" gehören jedoch in Wirklichkeit auch alle jene Bürger der Gemeinschaft, welche die Gesetze der Gemeinschaft nur aufgrund von Furcht vor dem Gefängnis, vor Strafe und vor einem Skandal einhalten. Sie unterscheiden sich von den "Verbrechern" dadurch, dass sie imstande waren, sich der "Dressur" unterzuordnen, dass sie diese aber überall dort übertreten, wo sie es aufgrund von Lücken oder Unvollkommenheiten im bestehenden Gesetzessystem gefahrlos tun können. Dort sind sie in ihrer Lebensweise genau so "verbrecherisch" wie ihre geistigen Stammesgenossen der offiziellen "Unterwelt".
      Zwischen dieser "Unterwelt" und dem Polizei- und Rechtswesen herrscht ein dauernder Krieg. Dieses Polizeiwesen ist ja in Wirklichkeit ein wohlorganisiertes und wohlausgerüstetes stehendes Heer, das die Gemeinschaft zu ihrem eigenen Schutz gegen diese "Unterwelt" aufrechterhalten muss. Und wie jeder andere Krieg ist dieser Krieg auch blutig, verursacht Mord, Totschlag, Gefangennahme, Internierung und Hinrichtungen, Trauer und Tortur. Es ist klar, dass Zustände dieser Art unvermeidlich gegenseitige Furcht sowie Hass und Rachedurst zwischen den Beteiligten erzeugen, wodurch es noch offensichtlicher wird, dass die Gemeinschaft durch diese Art Einwirkung eher zum "Dompteur" als zum "Erzieher", eher zum "Buhmann" als zu einem "beratenden Helfer und Leiter" wird. Es ist verständlich, dass die Vertreter der "Unterwelt" in der Gemeinschaft und ihren Behörden weder etwas Göttliches sehen können noch in ihnen im besonderen Grade die Nähe Gottes spüren. Ihre angeborene Natur oder primitiven Instinkte erfüllen sie ganz mit der Auffassung: "jeder ist sich selbst der Nächste". Dies bedeutet wiederum: rücksichtslose Ausnutzung aller Chancen für die Aufrechterhaltung ihrer Existenz, zu stehlen, wo etwas zu stehlen ist, zu rauben und zu plündern, wo es möglich ist, Beseitigung von Leben, rücksichtslosen Mord und Totschlag, wenn dies die Erfüllung ihrer Begehren und Wünsche erleichtert. Sind dies aber nicht genau dieselben Regeln, unter denen die Tiere im Dschungel leben und die für sie lebensbedingende Gesetze sind? – Zeigt dies nicht deutlich die tierische Abstammung der Menschen? – Ist es hier nicht offensichtlich, dass die "Unterwelt" dem Tierreich und seinen Gesetzen einige Entwicklungsstufen näher steht als die Gemeinschaft, die ja eben mit ihrem Polizei- und Rechtswesen versucht, diese Lebensweise des Tierreiches beim Menschen zu bekämpfen? – Ist die Lebensweise der "Unterwelt" nicht die Durchführung der von primitiven und niedrigeren Religionen der Vorzeit vorgeschriebenen höchsten Moral? – Haben wir nicht in früheren Kapiteln dieses Buches gesehen, dass diese mit Mord, Totschlag und Spannung erfüllte Moral und Lebensweise das einzig "Seligmachende", die Losung des Lebens bei den Menschen der Vorzeit oder bei den Naturmenschen der Gegenwart ist? – Doch, die Wesen der "Unterwelt" sind der Entwicklung nach jüngere Seelen, die im modernen Gemeinschaftsleben inkarniert oder wiedergeboren sind, mit dessen höherer Moral und Kultur, Gesetzen und Vorschriften sie zunächst zusammenstoßen müssen. Das höchste Resultat dieser Zusammenstöße ist also "Dressur". Die "Tiere" treffen zum ersten Male auf Gesetze und Vorschriften, die nicht die des "Tierreiches" sind, sondern einem ganz anderen "Reich" angehören, einem "Reich", das "noch nicht von dieser Welt" ist. Die "Tiere" oder diese jüngeren Seelen werden nun zum ersten Male der Tatsache gegenübergestellt, dass alles das, was während einer unermesslichen Reihe ihrer früheren Leben oder Inkarnationen eine Heldentat war, was früher die höchste Erfüllung der Gesetze und damit der höchste Gottesdienst war, in ihrem gegenwärtigen Leben ein "Verbrechen" ist. Die glorreichen "Helden" und größten "Gottesdiener" der Vorzeit, die für "Walhalla" besonders qualifizierten und berechtigten Wesen, Seelen der Naturmenschen in der Gegenwart, befinden sich nun plötzlich in der "Unterwelt" der modernen Zivilisation.
      Wo aber sollten diese Wesen denn sonst inkarnieren, wenn die Entwicklung sie aus ihrer eigenen Sphäre herausführt? – In der höchsten geistigen Klasse der Zivilisation wären sie ja noch ungeeigneter und heimatloser als in der "Unterwelt".
      In dieser "Unterwelt" findet die erste Begegnung des "sündigen" "Adams" und der "sündigen" "Eva" mit der Moral einer gänzlich neuen Welt statt. Da diese Moral ja ein völliger Kontrast zu der des "Tierreiches" ist und ihre Aneignung und Befolgung dadurch zuletzt eine vollständige Verwandlung des "Tiers" zum "Menschen" bedeutet, ist sie ja mit der Befreiung des Wesens vom "Tierreich" identisch. Da diese Befreiung dasselbe ist wie die "Welterlösung", ist die "Unterwelt" somit der große "Vorhof" der "Welterlösung". Dies ist eine Zone, wo das Wesen zum ersten Mal zaghaft anfängt, sich langsam daran zu gewöhnen, nach den ersten Vorschriften und Idealen dieser neuen Moral zu leben. Dass sich dies nicht plötzlich tun lässt, sondern mehrere Leben zu seiner Vollendung erfordert, ist ja ganz natürlich, weil die angeborene "Tiernatur" des Wesens ein in Myriaden von Leben versteinerter Zustand ist, der sich infolgedessen nur gradweise und allmählich auflösen lässt und verwittert.
      Diese Auflösung oder Verwitterung wird also zunächst vom Gesetzes- und Rechtswesen der modernen Gemeinschaft gefördert, dem der Naturmensch durch seine Geburt unter den Menschen der Zivilisation unterworfen ist. Die Strafen, die entehrende Stellung, der geistige Unterklassenzustand, die er aufgrund seiner Primitivität notwendigerweise durchmachen muss, zwingen ihn allmählich dazu, gegenüber dem Rechtswesen und den Gesetzen der neuen Gemeinschaft nicht mehr ganz gleichgültig zu sein. Das Resultat hiervon ist, wie wir schon wissen, nur "Dressur". Aber diese "Dressur", ergänzt durch die Sprache des Lebens selbst, d.h. ergänzt durch die unmittelbaren kosmischen Folgen einer unvollkommenen oder unfertigen Lebensauffassung oder Lebensweise, schafft langsam eine Umkehr, eine Bekehrung. Diese Folgen sind wieder alles das, was wir als schwere Krankheiten, Sorgen, Unglücksfälle, Armut, Hass, Verfolgungen, unglückliche Ehen, Bettelei und Heimatlosigkeit kennen. Diese Dinge sind alle, jedes für sich, Spezialfächer in der großen Schule des Lebens. Das volle Erleben dieser Fächer in Verbindung mit der "Dressur" der Gemeinschaft werden es im Laufe vieler Inkarnationen schon fertigbringen, die Gedanken der Wesen auf eine andere Lebensweise einzustellen als auf die "tierische".
      Wie alle anderen Erlebnisse dem Wesen Erfahrungen geben, geben auch erlebte Leiden den Wesen Erfahrungen. Aber während andere Erlebnisse namentlich die Intelligenz entwickeln, vermitteln Leidenserfahrungen die Entwicklung des Gefühls in den Wesen. In dem Maße, in dem das Wesen allmählich mit Leidenserfahrungen bereichert wird, wächst seine Fähigkeit, Leidenszustände bei den Mitwesen zu verstehen. Und mit dieser Fähigkeit wächst eine neue Eigenschaft in seiner Mentalität hervor, nämlich das "Mitgefühl". Mitgefühl wiederum ist die beginnende Liebe. Liebe ist deshalb im tiefsten Sinne dasselbe wie das Verständnis der Leiden und ist damit der Weg zu Gott.
      Die Wesen der "Unterwelt", die inkarnierten "Naturmenschen", werden also hierdurch der Religion der Gemeinschaft gegenüber empfänglich. Die "Heiden" werden "Christen". Die "verlorenen Söhne" der Gesellschaft werden "gläubig". Sie finden wieder den Weg zum "himmlischen Vater" zurück.


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