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Logik - Inhaltsverzeichnis   

 

 

6. Kapitel

Intellektualität, Wissenschaft und die materialistische Weltanschauung  Die Erdenmenschheit befindet sich somit in einem Stadium, wo es für das einzelne Individuum sehr schwierig geworden ist, den wirklichen Sinn des Lebens, die wirkliche Antwort auf die große Frage zu finden: "Was ist Wahrheit?" Ja, diese Schwierigkeit hat sogar Anlass zu der Auffassung gegeben, dass das Leben überhaupt keinen Sinn habe, dass es überhaupt keine Antwort auf diese Frage gebe. Alles sei Zufall.
      Da diese Auffassung, dass das Leben keinen Sinn habe und dass es unmöglich sei, überhaupt Kenntnis von den Dingen zu erhalten, die nicht physisch, nicht materiell sind, hauptsächlich in den sogenannten "intellektuellen" Kreisen populär ist, ist es wert nachzuforschen, wie "intellektuell" eine solche Auffassung eigentlich ist oder ob sie nicht gerade zu jenen Berichten gehört, die "direkt aus der Luft gegriffen" sind. Mit einer von ihnen haben wir schon nähere Bekanntschaft gestiftet.
      Damit eine Auffassung die Qualität haben kann, "intellektuell" oder "wissenschaftlich" genannt zu werden, muss sie auf einem Fundament von unumstößlichen Tatsachen ruhen. Jede Analyse muss in ihren Einzelheiten erlebte Erfahrung sein. Ist sie dies nicht, kann sie nur "Vermutung" sein. Aber eine Vermutung läuft immer Gefahr, jeden Augenblick von neu auftauchenden, unvorhergesehenen Tatsachen umgestoßen zu werden. Aber eine Auffassung, die jeden Augenblick durch neu entdeckte Tatsachen umgestoßen werden kann, hat nichts Unerschütterliches oder Stabiles an sich.
      Da Intellektualität dasselbe wie Denkstabilisierung ist, d.h. Übereinstimmung des Denkens mit den wirklichen Tatsachen, ist jede Auffassung, die im nächsten Augenblick durch andere Tatsachen umgestoßen werden kann und damit als unwirklich oder unwahr entlarvt wird, ja unmöglich "wissenschaftlich" oder wirklich "intellektuell". Nur die Analyse der absoluten Tatsachen ist stabil, unumstößlich oder hundertprozentig "intellektuell". Nur sie allein kann rechtmäßig zum Begriff "Wissenschaft" gehören und der "feste Punkt" in jeder Form absoluter Logik sein.
      Aber kann die materialistische Weltanschauung, welche die Unsterblichkeit verleugnet, die alle geistigen Realitäten verachtet, die glaubt, dass alles Stoff und das Schicksal Zufall sei, durch erlebte unumstößliche Tatsachen unterbaut werden? Ist eine solche Weltanschauung wirklich eine Analyse der Tatsachen? –
      Ja, es kann allerdings nicht geleugnet werden, dass es von einem gewissen Gesichtspunkt aus so aussieht. Aber das "Gesehene" wird so weit zur Tatsache, wie der Sehende die uneingeschränkte Fähigkeit hat, das Gesehene zu analysieren. Dort, wo das Individuum das "Gesehene" nicht analysieren kann, wird das Sehen nicht zur Tatsache, sondern zu Vermutungen, zu Illusionen und Aberglaube.
      Die materialistische Weltanschauung entsteht also auf der Grundlage von "gesehenen" Erscheinungen. Man "sieht" somit im täglichen Leben, dass das Lebewesen "geboren wird" und "stirbt". Man "sieht" große todbringende und vernichtende Naturkatastrophen: Vulkanausbrüche, Zyklone, Erdbeben, Dürren, Missernten. Man "sieht", dass viele Wesen "unschuldig" Unglücksfälle, Verletzungen und einen unnatürlichen Tod erleiden. Man "sieht" Hass, Bosheit, Morde, Blutbäder, Kriege, Hinrichtungen. Man "sieht" Hungersnot, Armut, Entwürdigung, Sklaverei. Man "sieht" Krüppel, Blinde, Stumme, Taube, Lahme, Geistesschwache und Geisteskranke. Man "sieht" überall Heuchelei, Klatsch, Missmut, Selbstmord, Angstschreie und Todesqualen, kurz gesagt, man wird Zeuge eines einzigen großen "Sehens" von "Zufällen" und "Chaos". Man "sieht" eine ganz planlose Welt.
      Aber damit ist auch die Grundlage der materialistischen Weltanschauung völlig erschöpft. Das "Sehen", das diese Weltauffassung ausmacht, bildet überhaupt keine tiefergehende Analyse. Es ist sehr elementar und unerforscht. Es befindet sich in der ersten groben und leichtfasslichen Erscheinung, so wie es sich jedem skeptischen Betrachter ohne größere Analysierungsfähigkeit und ohne besonders scharfen logischen Sinn zeigt.
      Die Welt als ein Chaos von Zufällen zu "sehen", die Geschöpfe als "sterbliche" Wesen zu "sehen", erfordert somit keine besondere Begabung. Die materialistische Weltanschauung ist primitiv. Dass sie vorzugsweise von Akademikern vertreten wird, ja zuweilen von hervorragenden Akademikern, von Doktoren, Professoren oder sogenannten "Wissenschaftlern", ändert nichts an den hier genannten Tatsachen und bildet auch auf keinerlei Weise eine Garantie für die Übereinstimmung dieser Weltanschauung mit der Wahrheit, selbst wenn dies auch für viele Seelen natürlich einen starken Anreiz bildet, sie zu akzeptieren. Aber eine Sache wird nicht "wissenschaftlich" oder "intellektuell", bloß weil sie von einem Wissenschaftler akzeptiert oder ausgesprochen wird. Wissenschaftler haben auch ihre Begrenzung, haben auch ihre schwachen Punkte, haben auch Gebiete, auf denen sie noch unwissend sind. Es gehören ganz andere Momente dazu, um eine Auffassung "wissenschaftlich" zu machen. Und nur der primitive Mensch, ob er in Seide oder in Lumpen auftritt, akzeptiert alles kritiklos, wenn es bloß von der "Wissenschaft", von der Presse oder von anderen vermeintlichen Autoritäten kommt. "Gute Worte erfreuen den Narren".
      Das materialistische Weltbild kann also "gesehen" werden. Wenn aber ein Illusionist oder Zauberkünstler auftritt, kann man zuweilen auch "sehen", dass er Rasierklingen, Glasscherben u.ä. "isst", dass er Feuer aus dem Munde "speit", dass er Gegenstände auf "unnatürliche" Weise verschwinden und wieder hervorkommen lässt, dass er "ohne Berührung", durch "den bloßen Gedanken" einzelne Karten in einem Spiel bewegen kann, dass er lebende Tiere, "Geister" und "Gespenster" "hervorzaubert" sowie eine Menge anderer "übernatürlicher" Phänomene zeigt. Ist aber Zauberei und Hexerei dadurch bewiesen, ist sie damit zur Tatsache geworden? Wissen nicht alle Zuschauer, obwohl sie die Phänomene direkt vor ihren Augen "sehen", dass das "Gesehene" in diesem Fall nur eine Tarnung oder eine Maskierung einer hinter den "Phänomenen" vorhandenen natürlichen Analyse ist? –
      Ohne diese Analyse wird das "Gesehene" also zur Unwirklichkeit oder zur Illusion. Ein "Schauen" wird somit zur Illusion, wenn das Tragende oder Tonangebende getarnt oder verborgen ist, wodurch der Gesamteindruck entstellt, verfälscht und etwas ganz anderes ausgedrückt wird als das, was es in Wirklichkeit ist.
      Bezüglich des Weltalls, des Daseins oder des täglichen Lebens kann ja nicht geleugnet werden, dass das "Gesehene" in großem Ausmaß ohne Analyse hervortritt, dass es riesige verborgene Seiten gibt, die notwendigerweise als etwas ganz anderes empfunden oder aufgefasst werden müssen, als was sie in Wirklichkeit sind. Aber ein Erleben, das nicht das ist, was es zu sein scheint, ist ja eine Illusion. Das allgemeine, materielle tägliche Erleben des Daseins, auf der die materialistische Weltanschauung beruht, ist also eine Illusion, ist also gleichsam das Erleben einer unwirklichen Welt. Diese unwirkliche Welt als wirklich, als Ausdruck für den wahren und gesamten Weltplan aufzufassen, bedeutet also an eine Illusion zu glauben. Aber ein solcher Glaube ist ja identisch mit "Aberglaube". Die materialistische Weltanschauung ist somit keine "Wissenschaft", sondern "Aberglaube". Ihre Anhänger und Vorkämpfer können mit Recht nur als "abergläubisch" angesehen werden; sie besitzen also einen Bewusstseinszustand, der eines "intellektuellen" Menschen, vor allem Mitgliedern der akademischen Welt, nicht würdig ist.
      Der wirklich entwickelte Wissenschaftler verbittet sich daher auch sehr, einer Neigung zu dieser materiellen Weltanschauung geziehen zu werden. Er sieht immer deutlicher, dass sie eine Realität ist, die nur vertreten werden kann von dem "Toren, der dort sicher wandelt, wo Engel nicht zu gehen wagen".
      Aber es gibt ja andere, in der Wahrheitsliebe weniger sichere, weniger stabilisierte Akademiker, die sich im Schutze ihres auf irgendeinem der wirklichen Weltanalyse fern liegenden Gebiet erworbenen Doktorgrades oder Professortitels für berechtigt halten, sich über diese so zu äußern, als ob sie qualifiziert wären, sich über Weltanalysen "wissenschaftlich" zu äußern. Eine solche Manifestation macht jedoch die betreffenden Akademiker nicht zu "Wissenschaftlern". Wenn man Professor der Chemie ist, braucht man nicht unbedingt Sprachgelehrter zu sein. Dass man ausgebildeter Bäcker ist, garantiert nicht, dass man auch Spezialist im Schneiderfache ist. Ebenso wie man ein ausgezeichneter Handwerker sein kann, ohne dass dies unbedingt zu bedeuten braucht, dass man Schuhmacher ist, kann man ein ganz ausgezeichneter Wissenschaftler sein, ohne dass dies bedeutet, dass man etwas von der Weltanalyse versteht.
      Es ist ein Zeichen übertriebenen Ehrgeizes, krankhafter Sucht nach Bewunderung und Huldigung, sich als Fachmann, als unfehlbar auf Gebieten zu äußern, wo man nicht auf dem festen Grund der Erfahrung steht. Aber solche Personen können ja unmöglich erstklassige Lehrer oder Wegbereiter für andere sein. Nur von primitiven Menschen mit unzureichender Menschenkenntnis werden jene aufgrund ihrer großen wissenschaftlichen Position auch auf dem Gebiet der Weltanalysen als "Autoritäten" anerkannt.
      Der vollkommene und moralisch entwickelte Wissenschaftler weiß, dass es "unwissenschaftlich" ist, sich als Autorität auf Gebieten zu äußern, auf denen man nicht ausgebildet ist, keine Erfahrung hat und in denen man infolgedessen nicht zu Hause ist. Er wird es, der wahren Wissenschaft getreu, nicht wagen, diese oder sich selbst dadurch zu kompromittieren, dass er Gott ableugnet, die Unsterblichkeit ableugnet, dass er höhere Lebensformen als die menschlichen verneint, kurz, er wird es nicht wagen, sich zum Sprecher für die materialistische Weltanschauung zu machen.


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