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39. Kapitel

Die Gebote der Bibel sind Ausdruck für zwei große, einander diametral entgegengesetzte Moralauffassungen  Die Zone, in der das eheliche Prinzip das Leben oder das Dasein beherrscht, ist, wie gesagt, die Zone des "tötenden Prinzips" oder des "Tierreiches". Gemäß dem "Livets Bog" ist der Erdenmensch auf der Entwicklungsleiter die letzte Art von Wesen innerhalb dieses Reiches und ist daher, als "Tier" betrachtet, am meisten degeneriert. D.h., sein harmonisches Anpassungsvermögen an die Gesetze des Tierreiches ist auf zahlreichen Gebieten sehr geschwächt.
      Was sind nun die Gesetze des Tierreiches? – Wir haben eben gestreift, dass das Tierreich die "Embryozone" der Allliebe ist, d.h. ihre Anfängerzone. Diese Zone kann daher nur Ausdruck für ein Stadium sein, das sich durch das Begehren, – nicht alle Wesen, sondern – allerhöchstens nur ein Wesen ungefähr wie sich selbst zu lieben, was sich also durch die schon beschriebene "Verliebtheit" äußert.
      Da "Verliebtheit" Gegenseitigkeit erfordert, bedeutet das also, dass die Allliebe auf diesem Stadium noch nicht Liebe geworden ist, sondern sich als "Egoismus" zeigt. Die Kraft der Allliebe ist noch so zart, dass sie nur dort aktiv werden kann, wo ihr Licht auf blanke, "reflektierende Punkte" trifft, die es auf ihren Ursprung oder Urheber zurückwerfen können. Die Wechselwirkung, die dadurch entsteht, nennen wir die "glückliche Ehe". Ihre Flamme oder ihr Licht ist noch so schwach, dass nur durch die Aufsummierung des widergespiegelten Lichts wirkliche Wärme entstehen kann, jene Wärme, die eben gerade eine Ehe bewahren kann.
      Solche "reflektierenden Punkte" sind die Wesen des anderen Geschlechts. Je größer der Abstand zwischen den beiden Geschlechtern ist, desto weniger Reflex und entsprechend weniger Licht, desto weniger Wärme ist vorhanden. Ja, es kann sogar geradezu Kälte zwischen Wesen desselben Geschlechts herrschen. Und da die Wesen des Tierreiches ja eben in zwei großen Gruppen hervortreten, ausgesprochen "männlichen" und ausgesprochen "weiblichen Wesen", gibt es zwei große Gebiete in der Mentalität des Tierreiches, wo das Licht der Allliebe nicht aktiv werden kann, nämlich im Gebiete des eigenen Geschlechts der beiden verschiedenen Gruppen. Wesen gleichen Geschlechts können einander nicht lieben. Sie sind von der Natur nur mit sympathischen Anlagen für das andere Geschlecht ausgestattet. Allliebe im wörtlichen Sinne kann im genannten, großen Gebiet, das ja speziell in ein maskulines und ein feminines Geschlecht unterteilt ist, nur als unnatürlich, als abnorm, als Perversität aufgefasst werden. Dieses Gebiet hat seine Grundgesetze, die für die Erdenmenschen, die immer noch entweder ein männliches oder ein weibliches Wesen sein müssen und eben deshalb dem Tierreich angehören, in Worte gefasst sind, zu "Moral" wurden oder das "sechste Gebot" genannt wurden.
      Die Vorschriften dieser Moral kommen durch folgende Hauptsätze zum Vorschein: "Du sollst nicht ehebrechen." – "Und deshalb soll ein Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden." – "Wer die Ehe bricht mit jemandes Weib, der soll des Todes sterben, beide, Ehebrecher und Ehebrecherin, darum dass er mit seines Nächsten Weibe die Ehe gebrochen hat." – "Wenn jemand bei seines Vaters Weibe schläft, dass er seines Vaters Blöße aufgedeckt hat, die sollen beide des Todes sterben." – "Wenn jemand beim Knaben schläft wie beim Weibe, die haben einen Gräuel getan und sollen beide des Todes sterben." – "Wenn jemand ein Weib nimmt und ihre Mutter dazu, der hat einen Frevel verwirkt; man soll ihn mit Feuer verbrennen und sie beide auch." – "Wenn ein Mann beim Weibe schläft zur Zeit ihrer Krankheit und entblößt ihre Scham und deckt ihren Brunnen auf, und sie entblößt den Brunnen ihres Blutes, die sollen beide aus ihrem Volk ausgerottet werden."
      Wie stimmt aber eine solche Moral überein mit den Worten: "du sollst nicht töten" – "du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" – "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun" – "richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet, denn mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden"? – Ist das nicht eine ganz andere Form von Moral? – Und sagt diese letztere Form von Moral nicht weiter: "Wer rein ist, werfe den ersten Stein."? –
      Wer ist "rein"? – Ist der "Reine" nicht eine Person, die das Liebesgesetz dieser Moral erfüllt – auch dies: "nicht zu richten"? –
      Der "Reine" ist also eine Person, die aufgrund ihrer Allliebe nicht verurteilen kann. Wie aber kann er dann "den ersten Stein werfen"? – Und wie können dann die oben genannten Todesurteile vollstreckt werden? – Ja, letztere Moral beantwortet selbst diese Frage durch ihren grundlegenden Satz: "Rächet euch selber nicht, meine Liebsten; ich will vergelten, spricht der Herr."
      Wenn der "Reine" den ersten Stein werfen sollte, dann bedeutet das also, dass der Welterlöser mit diesem Gebot eine tausendjährige Tradition aufhob, eine altmodische und veraltete Moral aufhob, ein furchtbares, peinigendes und todbringendes Dogma auflöste und der Welt eine Moral gab, die auf einer viel größeren Einsicht in die wirklichen Verhältnisse beruhte, eine Wissenschaft war, die in vollkommener Übereinstimmung mit den ewigen Gesetzen und mit der ewigen Natur war.
      Das Obenstehende zeigt also deutlich, dass die Bibel durch ihre Vorschriften zwei diametral entgegengesetzte Formen von Moral ausdrückt. So beschützt die erstere die Ehe mit Todesstrafe, während die letztere sie und ihre Todesurteile durch die Allliebe auflöst und sagt: "Wende die rechte Wange dar, wenn du auf die linke geschlagen wirst" – "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun" – "niemand hat größere Liebe denn die, dass er sein Leben lässt, um seinen Nächsten zu retten" – "du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst".
      Es wird nicht verlangt, dass dieser Nächste ein Ehegatte sein soll. Es wird nicht verlangt, dass dieser Nächste ein Wesen des anderen Geschlechts sein soll. –
      Aber Freunde lieben, die nicht unsere Ehegatten sind, ist ja der alten Moral nach das Gleiche wie "ehebrechen". Dass ein "Mann" einen andern Mann liebt, dass eine "Frau" eine andere Frau ebenso stark liebt wie sich selbst, das ist dieser alten Moral nach ein "Gräuel". Und alle Fälle werden gemäß dieser Moral als eine Übertretung des Ehegesetzes oder des sechsten Gebotes in solchen Dimensionen betrachtet, dass sie mit nichts geringerem als der Todesstrafe belegt werden. Das, was der neuen Moral nach zum Himmel, zum Glück führt, führt der alten Moral nach zum Tode. Das, was in der neuen Moral ein Ideal ist, ist eine Todsünde in der alten.
      Wie kann es aber möglich sein, dass die Bibel sich selbst derartig widerspricht, ja geradezu sich selbst dadurch entkräftet, dass sie zwei diametral entgegengesetzte Ideale als Lebensbedingung für die Menschen aufzeigt? –
      Ja, es gibt Leute, die annehmen, dass der Inhalt der Bibel die reine Erfindung, Ausdruck für Fantasie, Naivität und Unwirklichkeit ist. Aber keine Auffassung kann verkehrter sein als diese. Die Bibel enthält Sätze, welche die größten Analysen der Welt sind, die das höchste Wissen, die höchste Wissenschaft ausdrücken, und sie war dadurch bisher das größte moralische Werk. Ihre Äußerungen sind aber in weit auseinanderliegenden Zeitperioden entstanden und sind der mehr oder weniger großen Einsicht in die Natur selbst oder ins Lebensmysterium zu verdanken, welche die vielen unter verschiedene Perioden gehörenden Urheber hatten. Und sie richtig zu verstehen, ist niemandem gegeben, bevor er nicht so weit in der Entwicklung fortgeschritten ist, dass er durch Selbstschauen einen so überlegenen Einblick in dieses Mysterium bekommen hat, dass er selber ihre Ergebnisse mit Hilfe des Lebens oder der Natur selbst korrigieren kann. Wir wollen daher zur Natur zurückkehren und hier das Leben uns selbst zeigen lassen, dass "Gottes Wort" Wahrheit ist und daher als unerschütterliche mathematische Realität bestehen wird, selbst wenn Himmel und Erde dereinst vergehen werden.


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