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37. Kapitel

Liebe und Sexualität stellen dasselbe Grundprinzip dar  Was die Liebe Christi betrifft, wird man natürlich protestieren und sagen, dass er ganz gewiss alle Wesen liebte, aber dass diese Liebe "rein", völlig frei von jeglichem sexuellen Begehren war. Was aber ist "sexuelles Begehren"? – Wo beginnt es, und wo hört es auf? –
      Ist es nicht eine Tatsache, dass es ein Genuss ist, diejenigen zu liebkosen und zu umarmen, die man liebt, auch dann, wenn man nicht von Verliebtheit besessen ist? –
      Das bedeutet also, dass "reine" Liebe auch ein Genuss ist. Wo dies nicht der Fall ist, enthält die Liebe einen gewissen Anteil von Antipathie und wird in entsprechendem Grade zum Gegensatz ihrer eigenen Natur. Aber der Gegensatz der Liebe ist ja Hass. Nur eine Liebe, die einen gewissen Anteil von Hass enthält, kann die wirkliche Form "unreiner" Liebe sein. Die absolut "reine" Liebe macht jede Umarmung, jede Berührung und jede Liebkosung der Wesen, die man liebt, zu einer unbedingt angenehmen und wohltuenden Empfindung, die für Geist und Körper von stark belebender und anregender Natur ist. In dem Maße, wie die Liebe davon abweicht, diese Wirkung auszulösen, weicht sie von der "reinen" Liebe ab und kann allerhöchstens eine Art Ausdruck von "Bildung", "gutem Ton" sein, wenn sie nicht sogar auf das Niveau des "Judaskusses" herabsinkt.
      Die wahre Liebe ist also ihrer Natur nach ein Genuss, der auf Berührung beruht. Was aber ist "sexueller" Genuss? – Ist das nicht ebenfalls ein Genuss, der auf der Berührung zweier Organismen beruht? – Und lösen diese beiden Formen der Berührung nicht eine so gleichartige Empfindung von Behagen aus, dass man sie eben in beiden Fällen "Liebe" nennt? – Ist nicht gerade dieser Umstand die Ursache dazu, dass man "Verliebtheit" mit "Liebe" bezeichnet und dass man sie überall in Gedichten, Romanen und Märchen unter diesem Namen beschrieben findet? –
      Existiert denn überhaupt kein Unterschied zwischen Sexualität und Liebe? Nein, im Grundprinzip nicht. Sexualität ist Freude und Genuss durch Berührung und Liebkosung, und auch Liebe ist Freude und Genuss durch Berührung und Liebkosung.
      Nun wird man vielleicht einwenden, dass es doch viele Wesen gibt, die man liebt, ohne dass diese Liebe überhaupt etwas mit sexuellem Begehren zu tun hat. Aber hierauf muss ich antworten, dass dies eine der größten Illusionen in der Welt ist. Wenn man ein anderes Wesen wirklich liebt, dann ist es unweigerlich ein Genuss, dieser Liebe auf die eine oder andere Weise Ausdruck zu geben. Ja, selbst durch das eigene Martyrium wird der Genuss ausgelöst, und ein Umarmen oder Liebkosen des geliebten Wesens kann unmöglich etwas anderes sein als Genuss, falls dieses Wesen nicht durch Eiterbeulen, ansteckende Krankheiten oder auf andere Weise unästhetisch wirkt. Überall, wo es solche Hindernisse für die normale Berührung nicht gibt, ist die Liebe absolut identisch mit dem Genuss durch die Berührung der Person, die Gegenstand der Liebe ist, sei es Mann oder Frau, Freund oder Freundin, Mädchen oder Junge, Jüngling oder Greis. Ist die Liebe nicht mit diesem Berührungsgenuss identisch, ist sie absolut keine totale Liebe, sondern gemischt mit Antipathie der einen oder anderen Art. Wirkliche Liebe ist unumstößlich Genuss durch Berührung. Wie sollte sonst der "Händedruck" oder der "Kuss" in der Welt eingeführt worden sein? – Und werden diese beiden Erscheinungen nicht genauso gut im Dienst der Liebe wie im Dienst der Sexualität benutzt? – Freunde und Freundinnen küssen und umarmen einander. Wäre dies nicht Ausdruck für Genuss, dann wäre dies niemals aufgekommen.
      Liebe ist deshalb genauso sehr "sexueller" Genuss wie die sogenannte "Sexualität". Dass sie zuweilen anders als Letztere aufgefasst oder gefühlt wird, bedeutet ja keinen prinzipiellen Unterschied, sondern nur einen Variationsunterschied im Genuss und beruht nur auf der zur Zeit herrschenden Polkonstellation und der besonderen Natur der Geschlechts- und Sexualorgane des Menschen, auf die wir im folgenden zurückkommen werden.
      Hätte Liebe nichts mit Sexualität zu tun, wie könnte es denn dann "unmoralisch" sein, wenn ein Mann die Ehefrau eines andern Mannes küsst und umarmt? – Und warum darf eine Ehefrau dann nicht den Mann einer anderen Ehefrau küssen und umarmen? – Wie sollten solche Erscheinungen denn sonst als "Ehebruch" erklärt und zum "Scheidungsgrund" werden können? –
      Nein, aller Genuss, jedes Gefühl des Behagens durch Berührung ist "Sexualität", ist es immer gewesen und wird es in alle Ewigkeit sein. Und ohne diesen Umstand hätte Jesus niemals "eins mit dem Vater" werden können. Wenn andere Menschen noch nicht "eins mit dem Vater" geworden sind, dann beruht das ausschließlich darauf, dass sie noch viel zu vielen Menschen gegenüber Antipathie fühlen oder feindlich eingestellt sind und sie daher nicht leiden können. Mit anderen Worten, sie "lieben" sie nicht. Und ist es nicht gerade diese Antipathie, die das grundlegende Hindernis für die restliche Erfüllung des größten Gebotes des Lebens oder für "alle Erfüllung der Gesetze" ist, das da heißt: "liebet einander" oder "liebet euren Gott über alle Dinge und euren Nächsten wie euch selbst"?


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