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Logik - Inhaltsverzeichnis   

 

 

13. Kapitel

Verschiedene Einstellungen zu der großen Wahrheit  Wie wir im Voranstehenden gesehen haben, sind Materialismus und Religiosität nur verschiedene Formen für die Manifestation desselben Prinzips. Der Materialist und der Religiöse haben jeweils ihre besondere Vorstellung vom selben Ding, nämlich der unbekannten Weltanalyse, d.h. von allem, was außerhalb des physisch Sichtbaren liegt, von allem, was noch nicht zur Tatsache geworden ist. Da deshalb die wirkliche Weltanalyse für diese zwei Gruppen von Menschen im Unbekannten liegt oder zum Unbekannten gehört, können ihre Ansichten oder Behauptungen über dieses Unbekannte allerhöchstens Vermutungen oder Dogmen sein. Dies verhindert aber nicht, dass einige dieser Behauptungen oder Dogmen der Wahrheit oder der wirklichen Weltanalyse näher bzw. ferner liegen als andere. Und es entsteht daher eine allgemeine Verwirrung bezüglich der Analyse des Lebens selbst. Der Religiöse besteht darauf, dass seine Auffassung die richtige ist, während andererseits der Materialist nicht weniger hartnäckig wird, wenn es sich darum handelt, seine Behauptung als die richtige zu verteidigen.
      Für Außenstehende, d.h. solche, die an überhaupt keine der bisher verkündeten Dogmen oder aufgeworfenen Behauptungen von der Weltanalyse glauben können, ist die große Frage: "was ist Wahrheit?" ständig von sehr großem Interesse. Diese Wesen haben, obwohl sie nicht an die "staatsautorisierten" religiösen oder an die "modernen" materialistischen Dogmen glauben können, trotzdem einen unbezwingbaren, instinktiven Trieb nach Wissen über das Unbekannte. Sie haben in Wirklichkeit einen unbewussten oder verborgenen "Glauben" daran, dass es eine in Einzelheiten gehende, die Logik, Intelligenz oder Vernunft mehr zufriedenstellende Lösung gibt als jene, die durch die vorgenannten traditionellen Dogmen oder Behauptungen dargestellt wird. Auch diese Wesen sind demnach "Gläubige", ohne dass aber ihr Glaube ein anerkanntes, bestimmtes Ideal erhalten hat. Sie alle sind in Wirklichkeit auch Vertreter der anderen großen Frage: "was soll ich tun, um selig zu werden?"
      Aber sie sind nicht alle annähernd gleich gefühls- und verstandesmäßig qualifiziert, um die große Lösung des Lebensmysteriums, die Antwort auf ihre innersten, tiefsten Fragen entgegenzunehmen. Einigen fällt die Entgegennahme leicht. Sie haben das erforderliche angeborene, ausgeglichene Gemüt, das sie nicht in starken, gefühlsmäßigen Affekt gegen Andersdenkende geraten lässt und auch kein starkes Verlangen danach erzeugt, anderen Menschen gegenüber überlegen zu sein. Sie nähren oder stimulieren auch keine hochmütige Illusion, schon "hochentwickelte" Wesen zu sein. Sie haben daher Talent für Duldsamkeit, Talent, sich nicht überall von neuen, gefühlsmäßigen "Weckungen" oder "rührseligen Bewegungen" mitreißen zu lassen. Dies in Verbindung mit ihrem demütigen und liebevollen Wesen gibt ihnen die große Geduld, den Frieden und die Ruhe im Gemüt, die Ausgeglichenheit in ihrem Unterbewusstsein, die eine außergewöhnliche Empfänglichkeit für eine absolut sachliche, nüchterne Erforschung des höchsten Lebensmysteriums erzeugen. Sie sind "die gute Erde", in welche die höchste Weisheit des Lebens "gesät" werden kann, die "hundertfache" Ernte trägt. Sie hören "das Wort". Durch Herz und Verstand wird es ihnen zur Tatsache und durch ihre Lebensweise zu Liebe.
      Während eine höhere Lebensforschung diesen Wesen verhältnismäßig leicht fällt, wodurch sie zu festen Stützen der Weisheit werden, ist diese Forschung dagegen für eine ganze Schar anderer Wesen sehr beschwerlich.
      Diese anderen Wesen haben eine viel zu große Unruhe im Gemüt. Ihnen fehlt Menschenliebe. Daher haben sie eine Neigung zur Unduldsamkeit. Sie durchforschen die Lebensprobleme mehr aus Eitelkeit und unbefriedigtem Ehrgeiz als aufgrund angeborener natürlicher Anlagen und Talente. Infolgedessen erstreben und verehren sie weniger die wirkliche und nüchterne Wahrheit und Logik des Lebens und die auf ihnen beruhende veredelte Lebensweise als vielmehr das Sensationelle in diesen und die Möglichkeiten für ihren eigenen Ruhm.
      Dieser verstärkte Trieb zur Erreichung von Bewunderung und Huldigung durch andere bewirkt, dass sie andere an die Wand drücken, und schwächt ihre Fähigkeit, andere und wirklich hervorragende, aber noch nicht berühmte Personen, denen sie im Leben begegnen, zu bewundern und zu verehren, ja, entzündet manchmal geradezu Hass gegen solche Personen, da sie in ihnen überlegene, konkurrierende Anwärter auf den Ruhm und die Gunstbezeugungen des Publikums fürchten, nach denen sie selbst streben. Ihre noch unentwickelte Moral lässt sie nicht ganz ehrlich sein. In ihrer Jagd nach Bewunderung greifen sie viel Wissen von den wirklich Talentierten auf, um es später mehr oder weniger als ihr eigenes Wissen auszugeben. Die fehlende Demut und ihre primitive Nächstenliebe in Verbindung mit ihrer besonderen Antipathie gegen die wirklich begabten Mitanwärter veranlasst sie fast immer dazu, diese zu bekämpfen.
      Ohne dass sie sich in Wirklichkeit der wahren Ursache ihres Verhaltens bewusst sind, liegen sie hiernach mit vielen von denen im Streit, die sie in Wirklichkeit bewundern sollten, die sie als Lehrer anerkennen müssten. Sie führen meistens viel Streit, Disharmonie oder eine finstere Atmosphäre in ihrem Kielwasser. Wo sie auch hinkommen, umgeben sie sich mit viel Lärm und Aufsehen, ob in Vereinen, wissenschaftlichen oder religiösen Versammlungen oder in politischen Tätigkeiten, Ämtern oder Stellungen. Solche Menschen können sich also außerordentlich viel theoretisches Wissen aneignen, mit dem sie viel blenden oder bluffen können; aber ihr primitives Gefühlsleben, das noch in so hohem Maße von Hochmut, unbeherrschter Eitelkeit oder Sucht nach Ruhm in Verbindung mit einer noch verhältnismäßig schwach entwickelten Fähigkeit zum Mitgefühl beherrscht wird, verrät sich zuletzt immer, erzeugt Kälte um sie herum, macht sie einsam, gibt ihnen die bitteren Leiden oder Erfahrungen, die all ihren Hochmut, all ihre Selbstvergötterung ausrotten, die Leere oder Hohlheit in jedem Leben offenbaren, das nur auf der Sucht nach Ruhm beruht, die ihnen zeigen, wie dieser Zustand es ihnen völlig unmöglich macht, in ihrer Lehre über das absolut Wirkliche vollständig nüchtern und ehrlich zu sein. Denn dieser Zustand verleitet sie ja dazu, wenn auch in vielen Fällen unbewusst, diese Lehre mehr für die Erreichung oder Bewahrung der Huldigung der Menschen als für die Offenbarung der höchsten oder ewigen Tatsachen dort zu gestalten, wo sie ihre Popularität und vielleicht ihre wirtschaftlichen Verhältnisse in Gefahr bringen würde.
      Diese Wesen stoßen hierbei auf die unmittelbare Unterweisung des Lebens selbst. Solange sie noch einer mit überlegenem oder alles beherrschendem Hunger nach Ruhm verbundenen Unehrlichkeit unterliegen, werden sie durch bittere Erfahrungen darin geschult, wie ungeeignet sie sind, Vertreter der ewigen Wahrheit zu sein, und dass wirklich geistige Größe und Macht daher absolut nicht erreicht werden kann, solange Ruhm oder die Huldigung der Mitmenschen das tragende Motiv beim Wunsche nach diesem Erlebnis ist. Wie ein Kind nicht plötzlich erwachsen sein kann, bloß weil es dies wünscht, sondern warten muss, bis die Jahre vergangen sind, die seinem Wachstum die entsprechende Zeit geben, kann ein Wesen auch nicht aufgrund eines Wunsches plötzlich eine geistige Größe sein, sondern muss sich entwickeln, um die Bedingungen erfüllen zu können, auf denen ein solcher Zustand ausschließlich beruht. Deshalb kommt die geistige Größe niemals, wenn das Geschöpf sie wünscht, sondern nur, wenn es reif ist, eine solche Geistigkeit zu tragen. Sie kommt somit zu einem Zeitpunkt, wenn sich Demut und Mitgefühl oder Liebesvermögen durch die unmittelbare Einwirkung des Lebens zu einem so vorherrschenden Faktor in seinem Bewusstsein entwickelt haben, dass das Denken an das Schicksal der Mitwesen völlig die Selbstvergötterung oder das Denken an sich selbst, den Wunsch, etwas Großes zu sein oder zu werden, verdrängt hat.
      Wenn das Individuum also durch die starken Leidenschaften und durch Herrschsucht hindurchgekommen ist und von seinem Angesicht nur Bescheidenheit und Liebe leuchten, dann ist das "Himmelreich" nahe. Dann steht der "verlorene Sohn" auf der Schwelle zu seinem ewigen Vater.


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