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Artikelübersicht

M1950
Primitivität und Aberglaube
von Martinus

1. Kapitel
Wie Primitivität und Aberglaube die Kulturen zu Verfall und Götterdämmerung bringen, was in der Bibel vorausgesagt wurde
Für den modernen, denkenden Menschen kann es von Bedeutung sein, ein wenig bei der allgemeinen Auffassung über das Leben oder die öffentliche Meinung, bei den Sitten und Gebräuchen usw. zu verweilen, um diese Erscheinungen etwas näher zu betrachten. Diese Erscheinungen umfassen alles, was zum täglichen Dasein in Bezug auf Ernährung, auf Moral, Religion, "den guten Ton" oder die allgemeine Erziehung, humanes Verhalten oder zur Auffassung über den Sinn des Lebens gehört. Wenn man dabei verweilt und auf die Auffassung über diese Erscheinungen zurücksieht, kann es nicht verneint werden, dass diese zeigen, dass sie eine sehr große Serie von Verwandlungen durchgemacht haben. Diese Verwandlungen können geradezu in Epochen eingeteilt werden, die jeweils ihre besondere Form von moderner öffentlicher Meinung oder allgemeiner Auffassung über das Leben und das menschliche Verhalten repräsentieren.
Es gibt also keine der früheren Auffassungen über das Leben und Verhalten, die geblieben sind, selbst wenn sie noch so modern waren, ja geradezu gesetzlich festgelegt waren, sodass es als verbrecherisch betrachtet wurde, nicht in Kontakt mit ihnen zu sein. Tausende und Abertausende Menschen sind gefoltert und ermordet worden, sind aufgrund der Übertretung dieser autorisierten Auffassungen einer vom Gesetz vorgeschriebenen Todesstrafe anheimgefallen. Später sind die gleichen Beschlüsse als Ausschlag reiner Primitivität oder kulminierenden Aberglaubens enthüllt worden, die dem heutigen Menschen als etwas rein Lächerliches vorkommen. Die Weltgeschichte zeigt eine Vielfalt von Ermordungen an Menschen, die begannen, die schreiende Unvollkommenheit und Naivität der autorisierten Traditionen und Auffassungen zu durchschauen. Sie konnten diese deshalb nicht als Moralfundament oder Basis für ihre Lebensauffassung und Verhaltensweise akzeptieren, weshalb sie als Ketzer oder Verbrecher gestempelt und zur Folter und Hinrichtung verurteilt wurden. Wie war es z.B. mit der Inquisition und den Hexenprozessen im Mittelalter? Wurden da nicht viele Menschen auf dem Scheiterhaufen verbrannt, nur weil sie sich den von kirchlichen oder geistigen Autoritäten vorgeschriebenen religiösen Beschlüssen nicht beugen konnten? Das Verfahren dieser Autoritäten, mit dem sie die Angeklagten dazu brachten, sich der Bezichtigungen schuldig zu erklären, war so teuflisch raffiniert und schmerzhaft, dass man den Angeklagten dazu bringen konnte, sich zu was auch immer schuldig zu bekennen und damit natürlich auch zu den Anklagen, die man gegen ihn richtete, selbst wenn er völlig unschuldig war. Wer kann dem Rädern seines Organismus widerstehen, einer Kulmination der raffiniertesten sadistischen Peinigungen? Sollte man nicht glauben, dass es hier beinahe eines Christus oder eines eingeweihten Wesens bedarf, mit einer solchen Seelenstärke, um dem Druck der Folter nicht nachzugeben und das von den Autoritäten vorgeschriebene Geständnis zu machen, das diese mit allen zur Verfügung stehenden Folterwerkzeugen absolut haben wollten. Offenbar war es hier also nicht die Wahrheit über Schuld oder Unschuld des Angeklagten, sondern dagegen nur das Erzwingen eines vorgeschriebenen Geständnisses, das man haben wollte, ganz gleich ob dieses wahr oder falsch war. Es sieht so aus, als ob es die Hauptsache in dieser Situation war, "lebendes Brennmaterial" für die Scheiterhaufen zu beschaffen. Aber dadurch bekommt der ganze Inquisitionsprozess einen Anstrich von Sadismus.
Der Inquisitionsprozess galt jedoch nicht nur der Bekämpfung von Magie, Hexerei und Zauberei. Er streckte seinen tötenden Arm auch nach Menschen mit anderen mentalen Einstellungen aus. Große Denker und Forscher, die neue Gesichtspunkte und Entdeckungen über das Universum und die Sternenwelt vorlegten, wurden von der Inquisition in die Flammen der Scheiterhaufen geworfen. Man hatte nämlich im Voraus schon das Weltbild mit an Traditionen gebundene und durch Todesstrafe geschützte Vorstellungen monopolisiert, das heute ebenso als Kulmination von Primitivität und Aberglauben aufgefasst wird. Wie sollte eine Entwicklung von Geist und Kultur in Wirklichkeit stattfinden können, wenn es Folter und Todesstrafe für jede noch so kleine Abweichung vom vorgeschriebenen, traditionellen Denken und der Auffassung vom Leben gab. Die damalige "moderne" menschliche Mentalität und Obrigkeit musste ja, aufgrund ihrer naiven und primitiven Natur, selbstmörderisch sein. Diese autoritäre Eindämmung der Quellen des Lebens oder des neuen Wissens und neuer Tatsachen musste zum Schluss gewaltige revolutionäre Kräfte entfesseln, die die mentalen Eindämmungen sprengen mussten. Sind Revolutionen und Kriege nicht in großem Ausmaß Sprengungen dieser alle Entwicklung bindenden und sperrenden Fesseln?
Und die Menschheit kommt hinein in neue Traditionen, die auch deshalb ihre Begrenzungen, Hindernisse und ihren Verfall haben, weil auch sie neue Traditionen und Formen der Einstellung auf die Gottheit, auf Moral und Verhaltensweise waren, die auch in großem Ausmaß auf Primitivität und Aberglauben basierten. Und auf diese Weise musste eine Weltkultur nach der anderen deshalb vergehen, weil in jeder Kultur noch Primitivität und Aberglauben herrschten.
Und da, wo Unwissen, Naivität oder Primitivität mit Hilfe von Folter und Todesstrafe die falschen Vorstellungen der Menschen diktiert, was wiederum leben- und kulturzerstörende Traditionen, tödliche Moral und Verhaltensweise mit sich führt, kann eine vollkommene Kultur unmöglich erschaffen werden. Das muss unweigerlich zu – nicht Kultur, sondern – Kulturzusammenbruch, einer Götterdämmerung, mentalem Chaos, Lebensüberdruss und Selbstmord führen. Das ist die Erfüllung von Gottes Wort an Eva: "Viel Mühsal bereite ich dir, sooft du schwanger wirst. Unter Schmerzen gebierst du Kinder. Du hast Verlangen nach deinem Mann; er aber wird über dich herrschen". Das hier ist die Erfüllung von Gottes Wort an Adam: "So ist verflucht der Ackerboden deinetwegen. Unter Mühsal wirst du von ihm essen alle Tage deines Lebens. Dornen und Disteln lässt er dir wachsen." "Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zum Ackerboden, von ihm bist du ja gekommen. Denn Staub bist du, zum Staub musst du zurück." Das ist die Erfüllung von Gottes Wort an Kain: "Was hast du getan? Das Blut deines Bruders schreit zu mir vom Ackerboden. So bist du verflucht, verbannt vom Ackerboden, der seinen Mund aufgesperrt hat, um aus deiner Hand das Blut deines Bruders aufzunehmen. Wenn du den Ackerboden bestellst, wird er dir keinen Ertrag mehr bringen. Rastlos und ruhelos wirst du auf Erden sein." Das ist die Erfüllung und das Gleichnis vom verlorenen Sohn, der "mit den Schweinen essen musste". Und das ist die Erfüllung der Worte Jesu über das Leben der Böcke an seiner linken Seite am Tage des Jüngsten Gerichts.
2. Kapitel
Weshalb man nicht mit Recht behaupten kann, dass die jetzige Kultur frei von Primitivität und Aberglauben ist
Jetzt jedoch, in unserer modernen und hoch aufgeklärten Zeit, können die Menschen doch wohl nicht so sehr der Primitivität oder dem Aberglauben unterliegen? Wir haben ja große Lehranstalten, Universitäten und Schulen, und die Kinder haben von einem sehr frühen Alter an vorgeschriebenen Schulunterricht. Sie beginnen schon in verhältnismäßig jungen Jahren zu lesen und zu studieren. Und die meisten noch minderjährigen, normal begabten Kinder wissen heute mehr vom Leben und Dasein, als die gelehrtesten Wissenschaftler vor Hunderten von Jahren über die gleichen Dinge wussten. Und wir sehen ja auch glänzende Resultate all dieses vielen Wissens. Die Menschheit hat jetzt Wissenschaftler, Ärzte, Ingenieure, Architekten, Konstrukteure und andere Spezialisten zu Tausenden zu ihrer Verfügung beim Erschaffen ihrer Kultur, in ihrem täglichen Leben und Wohlbefinden. Die Menschen sind imstande, rein physisch Wunderwerke zu vollbringen. Man beherrscht Millionen und Abermillionen an Pferdestärken der Natur. Wir können riesige Kraftmaschinen bauen und diese für die Menschheit arbeiten lassen, sie millionenfach Nutzgegenstände ausspeien lassen. Wir können die Kräfte der Natur dazu gebrauchen, uns über die Wolken tragen und unter Wasser und über die Autobahnen der Kontinente befördern zu lassen. Die Menschen können zuhause in ihrem Zimmer sitzen und mit Freunden oder Bekannten sprechen, die sich auf der anderen Seite der Erde befinden. Sie können auch in denselben Räumen Konzerte, Musik, Gesang und Reden von den großen Bühnen und Radiostationen aller Welt hören. Eine Menschenstimme kann also über die ganze Welt gehört werden. Die Abstände und damit Zeit und Raum sind geringer geworden, sodass sie nur einen Bruchteil dessen ausmachen, was sie früher für die Menschen bedeuteten. Heute können Dinge, für deren Ausführung früher Monate gebraucht wurden, in Stunden oder Minuten getan werden. Das Gleiche gilt für Erfahrungen. Die Entwicklung geht in Riesenschritten voran.
In einer so aufgeklärten Menschheit mit so genialem Wissen und Können kann man doch wohl nicht behaupten, dass da die Rede von Primitivität und Aberglauben sein kann? Man hat doch gewiss schon längst die Primitivität und den Aberglauben in früheren Kulturen durchschaut. In unseren Tagen kann man doch wirklich nicht mehr irgendwelchen naiven Vorstellungen zum Opfer fallen, die sich in allgemeinem Aberglauben verwurzelt haben. In unseren Tagen können doch keine Hexenprozesse stattfinden. Wir sorgen doch schon dafür, eine glänzende Verteidigung mit genialen Mordwaffen zu haben, ja, wir können heute sogar mit einer einzigen Bombe eine Millionenstadt mit ihrer Bevölkerung und ihren Kulturwerten auslöschen und werden schon nach und nach die allzu aggressiven und uns zu nahe tretenden Nationen und Völker zum Schweigen bringen. Wir haben doch auch ein glänzendes Rechtswesen mit Gefängnissen und Strafanstalten, womit wir Banditen, Verbrecher und Ähnliche schon in Schach halten werden. Mit unserem glänzenden Stab von Ärzten, mit Krankenhäusern und unserer Gesundheitswissenschaft, Forschungs- und Vivisektionsanstalten werden wir doch schon Krankheiten jeder Art unter Kontrolle bringen. Mit unseren glänzend ausgebildeten Fachleuten und Produktionsmöglichkeiten werden wir doch schon nach und nach andere Völker und Geschäftsverbindungen auskonkurrieren und unseren Arbeitslosen Arbeit geben. Mit unserer Sozialversorgung, Invaliden- und Altersrente haben wir doch ein glänzendes Dasein für die Kranken und Alten geschaffen. Mit unserem umfassenden Schulunterricht werden wir doch schon dafür sorgen, dass wir unser Volk auf einer hohen Kulturstufe halten. Nein, man kann doch wirklich nicht behaupten, dass in unserer auf einer so hoch entwickelten Wissenschaft gegründeten Kultur nennenswerte Gebiete von Primitivität und Aberglauben vorkommen. Wir bewegen uns doch absolut auf dem fundamentalen Weg der Tatsachen. Was sollen wir mit Religion und einer Gottheit, Evangelien und Gebet? Solche Dinge gehören doch in das Kinderzimmer und in die Phantasie von Träumern.
Aber ist diese hier geschilderte selbstsichere Auffassung von eigener Moral und Verhaltensweise, so wie diese mehr oder weniger in den modernen und führenden Kulturstaaten zum Ausdruck kommt, nun auch auf wirkliche Tatsachen gegründet? Wenn sie das nicht ist, kann sie nur auf Glauben gegründet sein, d.h. Vermutungen. Und wenn diese Vermutungen nicht mit der Wirklichkeit zusammenpassen, ist dieses Ideal der Kulturstaaten in Wirklichkeit nur Primitivität und Aberglaube. Soll das heißen, dass da eine Möglichkeit dafür existiert, dass die Menschen der Zukunft auf unsere jetzige Kultur zurücksehen werden und in ihr so große Bereiche von Primitivität und Aberglaube sehen, dass sie finden werden, dass viele der jetzigen so hoch gepriesenen Gegebenheiten auf die gleiche Weise völlig lächerlich und naiv sind, wie die Menschen von heute finden, dass die mittelalterliche Kultur voller lächerlicher und tragikomischer Dinge war, die man damals als absolut gerecht und vollkommen lobpries und in den Himmel hob? Ja, das ist in allerhöchstem Grade möglich. Solange man in einem gegebenen Bereich, sei es innerhalb von Moral und Verhalten, im Familienleben wie auch innerhalb von Regierungs- oder Staatsformen, innerhalb der Ärztewissenschaft oder anderer Wissenschaften noch Erfahrungen ernten kann, die Fehler in der herrschenden Auffassung in diesen Erscheinungen enthüllen können, und man durch die gleichen Erfahrungen die Auffassung verbessern kann, hat diese ihre Vollkommenheit oder ihren fertigen Zustand noch nicht erreicht. Und da wird man gezwungen sein zu erkennen, dass bei jeder Verbesserung, die man imstande ist vorzunehmen, die vorherigen Einstellungen und das vorherige Wissen innerhalb des gegebenen Feldes nicht vollkommen war. Aber ein Wissen, das nicht vollkommen ist, ist in entsprechendem Grad Ausdruck für Unvollkommenheit und Primitivität. Und da man nicht behaupten kann, dass die in der Gegenwart geltenden kulturellen Vorlagen, Gesetze, Gesellschaftsverhältnisse und Gebräuche so vollkommen sind, dass in den betreffenden Bereichen keine Erfahrungen gemacht werden können, die belegen, dass dort Mängel und Fehler enthalten sind, die durch diese neuen Erfahrungen verbessert werden können, kann man auch nicht mit Recht sagen, dass die jetzige Kulturepoche vollkommen und damit frei von Primitivität und Aberglauben ist.
3. Kapitel
Der fertige Mensch als Abbild Gottes und dessen Weltkultur oder Reich auf Erden
Nun wird man vielleicht mit Einwendungen kommen und bemerken, dass man auf diese Weise natürlich nie fertig wird. Jedes Ding kann ja weiterhin ins Unendliche verbessert werden. Das ist aber nicht richtig. Jede vollkommene Schöpfung ist eine abgeschlossene Einheit. Sie hat nur den einen Zweck, das Objekt der Schöpfung zu seinem fertigen Stadium zu bringen, damit es den Zweck erfüllt, zu dem die Schöpfung in Gang gesetzt worden ist. Wenn dieses Ziel erreicht ist, ist die Schöpfung in dem betreffenden Bereich überflüssig. Dies gilt sowohl in der Natur als auch im Schöpfungsfeld des Menschen. Die Bäume wachsen nicht in den Himmel, und der Apfel entwickelt sich nicht weiter als bis zum vollreifen Stadium. In den Schöpfungsverläufen ist das fertige Stadium auch das Ziel oder Endergebnis. Wenn es nicht so wäre, würde überhaupt gar nichts, auch keine Häuser, Autos, Bekleidung, Schuhwerk usw. fertig werden und den Menschen zugutekommen. Aber was die Mentalität des Lebewesens betrifft, ist diese Schöpfung auch nicht unendlich, sondern nur dafür gedacht, dass sie einen Zweck erfüllen soll. Dieser Zweck ist in den göttlichen Worten ausgedrückt: "Lasset uns einen Menschen machen als unser Abbild, uns gleichend". Die Mentalität und Verhaltensweise des Lebewesens soll sich also dahin entwickeln, dass sie völlig vollkommen werden. Wenn dieses Ziel erreicht ist, kann da nichts mehr auf diesem Gebiet erreicht werden. Was ist vollkommener als die totale Vollkommenheit? Und was ist Vollkommenheit in Bezug auf das Lebewesen? Das ist, im Gedanken, Sinne und Verhalten so zu sein, dass man in absolut keiner Situation existiert, ohne zu wahrer Freude und wahrem Nutzen für alles Lebende zu sein und wie die Sonne für Ungerechte wie auch Gerechte zu strahlen und zu wärmen. Dann liebt man seinen Nächsten wie sich selbst und repräsentiert die Verhaltensweise, die "die Erfüllung aller Gesetze" ist. Größer kann eine Liebe und die hierauf beruhende Verhaltensweise nicht sein. Im gleichen Umfang, in dem die Menschen diese Vollkommenheit erreichen, erleben sie den Frieden und das Wohlgefallen des Weihnachtsevangeliums in ihrem täglichen physischen Leben. Da ist das Himmelreich nicht nur etwas, was sich im Wesen befindet, sondern da strahlt und funkelt es auch aus dem Wesen heraus und verbindet alle Herzen und Gehirne in der unermesslichen Strahlenflut der Liebe. Und Gott wandert wieder mit Adam im Garten des Paradieses. Wir sind hier bei der Erfüllung von Gottes Verheißung der Zukunft des Menschen. "Der Samen der Frau hat den Kopf der Schlange zertreten" (Die menschliche Verhaltensweise hat die tierische Verhaltensweise im Menschen zertreten). "Kain" hat sein böses Wesen abgelegt. Er tut das Böse nicht mehr. "Die Sünde lauert nicht mehr an der Tür". "Er kann aufblicken". (Der Mensch ist kein Mörder mehr und wird deshalb nun nicht mehr von Gewissensqualen und unglücklichen Schicksalen zur Erde niedergedrückt.) Und Gottes Wort an Abraham geht in Erfüllung: "In Abraham sind alle Geschlechter der Erde gesegnet". Das Christuskind in der Mentalität des Erdenmenschen ist erwachsen geworden. "Der Mensch als Abbild Gottes" beherrscht die irdischen Gebiete, Kontinente und Meere. Die Strahlenflut von Gottes Angesicht funkelt in aller Tätigkeit, in allen Augen, wärmt bei jedem Händedruck. Alles ist eine Liebkosung. "Der verlorene Sohn" ist zurückgekommen zu seinem Vater. Gottes Schöpfungswerk ist vollbracht. Der Mensch ist eins geworden mit Gott. Über den Spuren früherer Kriegsgebiete, den Walstätten der Todesszenerien, über Heulen und Zähneklappern, Schreien und Qualen funkelt eine neue Welt. Die Weisheit und Liebe hat die Völker und Staaten aller Welt vereint zu einem Volk und einem Staat, zu "einem Hirten" und "einer Herde". Wir sind in der Domäne des Friedens. Gottes Reich ist zu einer alles überwindenden Kraft in Fleisch und Blut, in Manifestation und Schöpfung, in Kultur und Verhaltensweise geworden.
4. Kapitel
Die unfertige Seite Nr. 1 der jetzigen Kultur. Das tödliche Verhalten des Menschen gegenüber den Tieren
Mit dem vorher beschriebenen göttlichen Panorama über Gottes fertig erschaffenen Menschen und dessen Weltkultur als Hintergrund ist es nicht schwer zu sehen, wie unfertig der jetzige moderne Mensch und seine so hoch gepriesene Kultur in Wirklichkeit sind. Und der Zukunftsmensch wird uns heutige Menschen gerade mit diesem Panorama als tägliches Leben und Verhalten beurteilen – nicht als Ausdruck von wahrer Kultur, sondern als Ausdruck eines unfertigen und barbarischen, ja geradezu schauderhaften Verhaltens. Da aber die Zukunftsmenschen, von denen hier die Rede ist, eingeweihte Wesen sind und deshalb wissen, weshalb die Menschen von heute so sind, werden sie verständnisvolle und milde Richter sein.
In einer Welt, in der man Jahrtausende lang nie eine intolerante oder feindliche und tödliche Absicht gegen seinen Nächsten verwirklicht hat, kennt man keinerlei Krankheit oder andere Formen von unglücklichen Schicksalen, weil man sich längst eine Verhaltensweise angeeignet hat, die das Wesen gegen diese Erscheinungen immun macht, und man wird mit Erstaunen über die barbarische Kulturepoche der heutigen Menschen lesen, die für die dann lebenden Wesen zu einer seit Langem verschwundenen Vergangenheit gehört. Und für die, die diese Vergangenheit studieren, wird es genug geben, worüber sie entsetzt sein werden. Insbesondere wird man dann mit Schrecken über die riesigen Gebiete der Mentalität stutzen, die die Menschen von heute gemeinsam hatten mit den Tieren. Sie mordeten und enthäuteten diese Wesen, um sie zu essen wie Raubtiere. Die Mordfähigkeit dieser Wesen hatte man in seinem eigenen Wesen seit Langem übertrumpft mit erfundenen künstlichen Mordwaffen: mit Gewehren, Pistolen und Schlachtermessern etc. Ja, man hatte ganze Mordfabriken (Schlachthäuser), wo man sozusagen am laufenden Band in der Stunde so oder so viele Tiere töten, enthäuten und zerlegen konnte. Aber nicht genug damit. Man züchtete sogar die Tiere, vermehrte sie, um Nahrung genug zur Sättigung des noch hervortretenden Fleischhungers und der hiermit noch verbundenen tierischen Tendenzen im werdenden Menschen zu bekommen. Man begnügte sich nicht damit, die Tiere ihres freien Lebens in der Natur dadurch zu berauben, dass man sie jagte und tötete, nur um seinen Fleischhunger zufriedenzustellen. Nein, man begann auch, gewisse Tiere zu züchten und sie zu vermehren, nur um ihre Haut und ihren Pelz zu bekommen. Man züchtete diese unglücklichen Tiere in kleinen und engen Räumen, in denen sie gefangen saßen, bis sie dann in einem bestimmten Alter gehäutet wurden und ihre Haut zur Weiterverarbeitung zu "modernen" Mänteln und Pelzgegenständen verkauft wurde. Man bedenke, dass dieses Mordsystem von Wesen in Gang gesetzt wurde, die so hoch erhaben über dem Dasein der Tiere waren, dass dieses erniedrigende System überhaupt keine Lebensbedingung für sie war, weder in Bezug auf die Ernährung noch auf die Bekleidung. Der werdende Mensch als Abbild Gottes erhielt hier für die Tiere eine Hölle aufrecht, die für die Aufrechterhaltung seiner eigenen Existenz völlig unnötig war. Der Mensch brauchte nicht einmal von Fleisch zu leben, das war sowieso geradezu eine schädliche Nahrung für dieses verfeinerte Wesen. Aber es konnte diesen Menschen nicht vorgeworfen werden, dass sie so waren. Sie lebten in dem sehr stark versteinerten Aberglauben, dass es notwendig war, Fleisch oder animalische Nahrung zu essen, um zu leben. Und deshalb hielten sie im guten Glauben ihre Festmahlzeiten als Orgien im Verzehren von Organismen anderer Lebewesen ab. Man sieht also hier vom Kulturstadium des richtigen oder fertigen Menschen aus eine Primitivität und einen Aberglauben bei dem heute hervortretenden modernen Kulturmenschen, die überhaupt nicht hinter dem zurückstehen, wie der heutige Kulturmensch auf die Steinzeitmenschen oder andere Vorzeitmenschen zurückblickt.
5. Kapitel
Die unfertige Seite Nr. 2 der jetzigen modernen Kultur. Der tödliche Gifthunger der Menschen
Weiterhin sieht man von der vollkommenen Welt der fertigen Menschen aus mit Erstaunen auf das mehr oder weniger hemmungslose Verschlingen von giftigem und damit krankheitförderndem Tabakrauch des heutigen Erdenmenschen. Er unterminiert und zerstört im guten Glauben seine Lungen, diese vornehmen Lebensorgane, die nur zum Einatmen der frischen Luft vorgesehen sind, die eine absolute Lebensbedingung für das betreffende Wesen ist.
Auf die gleiche Weise verschlingt ein außerordentlich großer Teil der unfertigen Menschen andere und noch gefährlichere Giftstoffe: Alkohol und Drogen in verschiedenen Formen. Der fertige Zukunftsmensch wird nicht ohne Schaudern von den merkwürdigen Sitten und Gebräuchen der heutigen Menschen in Bezug auf die genannten Giftstoffe lesen. Diese krönen jede Freude, jede Festmahlzeit, jedes Übereinkommen mit "einem Glas", d.h. einer so und so großen Quantität Selbstmord oder mentaler Verwirrung, wie auch eine jede Depression mit dem Schlucken einer größeren oder kleineren Menge der gleichen sinneverwirrenden oder tödlichen Giftstoffe besiegelt werden soll. Dieses permanente Essen, Trinken und Einatmen oder Einverleiben giftiger Stoffe in die lebenswichtigen Hauptorgane des Organismus, die absolut dafür vorgesehen sind, die Verdauung natürlicher Nahrung und das natürliche Einatmen zu fördern, und ohne deren gesunde Aufrechterhaltung das Wesen unmöglich leben und ein gesundes Wohlbefinden auf der physischen Ebene bekommen könnte, enthüllt dem Zukunftsmenschen auch ein großes Gebiet von Primitivität und Aberglauben bei dem jetzigen Kulturmenschen. Das Wesen, das Millionen von Pferdestärken der Natur beherrscht und diese dazu zwingt, für sich zu arbeiten, scheint nicht einmal einen mikroskopischen Bruchteil dieser Kräfte zu bezwingen, wenn es sich darum handelt, die lebenzerstörenden Begehren in seiner eigenen Psyche zu bekämpfen. Es lässt seinen Organismus und damit seine Fähigkeit zum Lebenserleben hoffnungslos schädigen und zerstören.
Als eine Gegenmaßnahme zu den tödlichen Krankheiten und gesundheitzerstörenden Wirkungen ihrer höchst unfertigen Einstellung zur Ernährung und ihren schädlichen Lebensgewohnheiten, die einen Ozean von Krankheitserscheinungen bewirken, hatte man eine sehr umfassende Ärztewissenschaft mit großen Krankenhäusern, Seruminstituten, Operationsabteilungen, medizinischen Abteilungen, Rehabilitations- und Kureinrichtungen usw. entwickelt. Diese Ärztewissenschaft kämpfte Tag und Nacht unter mentalem Hochdruck dafür, mit allen Leiden zurechtzukommen. Aber es war ein hoffnungsloser Kampf. Es war, wie gegen ein Ungeheuer zu kämpfen, das viele Köpfe hat und über die Fähigkeit verfügt, jedes Mal einen neuen Kopf hervorwachsen zu lassen, wo man einen alten wegoperiert hatte. Diese "Köpfe" zeigten sich in Form einer unnatürlichen und zu zeitig hervorgekommenen Altersschwäche, unnatürlicher Verkalkungen und Steinbildungen im Organismus, Verdauungsbeschwerden, Stoffwechselkrankheiten, Lähmungen, Bildung von Geschwüren usw.
Man kämpfte gegen das Ungeheuer. Energische Forscher in der ganzen Welt arbeiteten daran, einen Weg zu finden, das Ungeheuer umzubringen, also ein Mittel gegen das Entstehen neuer Köpfe dort, wo die alten waren. Aber die materialistische Einstellung, in der man nur mit der physischen Seite des Wesens rechnete und bis zu einem gewissen Grade den Gedanken an eine Seele und einen Geist verneinte oder ignorierte, machte die Wissenschaft blind für das Gebiet, wo das Ungeheuer verwundbar war und im Herzen getroffen werden konnte. Und da die Wissenschaft sich nicht auf die einzige verwundbare Stelle dieses Ungeheuers einstellen wollte und konnte, konnte man es unmöglich töten. Und dieses dämonische Wesen fuhr also fort damit, die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschheit zu unterminieren und zu zerstören. Trotz beharrlicher Arbeit Tag und Nacht vonseiten der Ärzte und der Wissenschaft, trotz großer Forschungs- und Vivisektionsanstalten, trotz der Impfstoffe, Pulver und Tabletten wurde nicht ein einziges Krankenhaus überflüssig. Im Gegenteil, man musste jedes Krankenhaus erweitern und viele neue bauen. Das Ungeheuer erwies sich weiterhin als unermesslich lebenstüchtig. Auch hier werden die Zukunftsmenschen mit Schaudern auf den hoffnungslosen Kampf der Menschen von heute zurückblicken. Im Zukunftsreich mit der völlig vollkommenen Weltkultur wird man schon längst die einzige verwundbare Stelle des Ungeheuers, sein Herz und seinen Lebenskern, entdeckt und damit das Gebiet der innersten Ursachenquelle gefunden haben, nicht nur aller Krankheiten, sondern auch aller Leiden und unglücklichen Schicksale, die überhaupt entstehen konnten. Aber es ist nicht verwunderlich, dass man mit der rein materialistischen Einstellung den Lebenskern dieses Ungeheuers nicht finden konnte, denn der befindet sich überhaupt nicht auf der materiellen oder physischen Ebene. Er liegt gut verborgen im Schöpfungselement des Wesens, das wiederum im Überbewusstsein jenseits des physischen Organismus liegt. Er wird belebt vom unsterblichen Ich des Wesens. Und solange das Ich den Lebenskern des Ungeheuers belebt, kann es von anderen Wesen nicht getötet werden, ganz gleich wie tüchtige wissenschaftliche Spezialisten sie auch sein mögen. Ja, nicht einmal Christus konnte das Ungeheuer in den Wesen, denen er half, töten. Gerade deshalb sagte er ihnen die bekannten Worte: "Dein Glaube hat dir geholfen". Das Geheimnis ist also, dass das Ungeheuer, solange das Ich ihm, wenn auch unbewusst, Nahrung gibt, weiterwächst und immer neue Köpfe bekommt, wo die alten entfernt werden. Und das Wesen fährt damit fort, im Bereich von Krankheiten und unglücklichem Schicksal zu leben, fährt damit fort, sich einen Dämon in seinem Lebensmuster zu schaffen. Die Belebung dieses Dämons geschieht ausschließlich durch das Benutzen von giftigen und tödlichen Gedankenstoffen. Wenn das Wesen denkt, geht eine Kraft vom Überbewusstsein des Ichs hinein in das Nachtbewusstsein des Unterbewusstseins. Hier wird diese Kraft zu Gedankenbildern geformt und setzt sich danach weiter ins Tagesbewusstsein des Unterbewusstseins fort, das, wenn das Wesen nicht schläft, seinen Sitz im physischen Gehirn hat. Hier wird der Gedanke weitergeführt zu Begehren oder Willen und verursacht Manifestation oder Schöpfung in der materiellen Welt. Aber gleichzeitig damit, dass diese Gedankenkraft in das physische Gehirn- und Nervensystem hineinvibriert, vibrieren auch die verschiedenen Gebiete des physischen Körpers wie das Blut, die Muskulatur, das Skelett, die Drüsen usw. und machen hier eine wirksame Kraft aus. Diese Kraft ist die Lebenskraft des Wesens. Sie fördert wie gesagt die Gedankenfunktion des Wesens. Aber mit der Förderung dieser Funktion kann sie als Lebenskraft geschwächt werden. Diese Schwächung kann sogar so hervortretend werden, dass diese Kraft nicht mehr eine Lebenskraft ist, sondern eine Todeskraft. Die Schwächung hat wiederum ihre Ursache darin, wie vieler Gedankenarten oder Gedankenmaterien das Wesen sich bedient, wenn sie durch das Herz- und Nervensystem gehen und gleichzeitig in seinem Blut und übrigen Teilen des physischen Organismus vibrieren. Gedankenarten können nämlich das reine Gift sein und die Lebenskraft unterminieren, wobei die Nerven, das Blut und die übrigen Teile des Organismus unterminiert werden. Diese können nämlich nicht ohne permanente Zufuhr von gesunder, psychischer Kraft existieren. Was die Erdenmenschen betrifft, sind die Gedankenarten des tötenden Prinzips, wie die Gedankenarten von Hass, Zorn und Bitterkeit, giftig. Sie zerstören nicht nur das gute Verhältnis ihrer Urheber zu ihrer Umgebung und ihren Mitwesen, sondern sie zerstören auch die ursprüngliche Immunität des Wesens gegenüber Krankheiten und Schwächen in ihrem eigenen Organismus. Sowohl Krankheiten im Organismus als auch ein unglückliches Verhältnis zur Umwelt haben also ihre erste Ursache hier in der Bewusstseinsregion des Wesens in Form von Gedanken. Fehlerhafte Gedankenführung und die hierauf beruhende fehlerhafte Willensführung und Schöpfung sind also die absolut einzige und wahre Ursache des unglücklichen Schicksals des Urhebers, ob sich das nun in Krieg mit den Mitwesen auswirkt oder sich als Krankheiten im Organismus und Gemüt zeigt. Jedes Wesen ist dadurch selbst die innerste Ursache seines Unglücks oder Leidens. Indem das Wesen seine Lebenskraft mit tödlichen Gedankenarten beeinflusst, wird es also, ohne es zu wissen, sein eigener Todfeind. Es ist nicht verwunderlich, dass der vollkommene Zukunftsmensch schaudern wird, wenn er darauf zurückblickt, wie der allgemeine heutige Mensch also in völliger Unwissenheit sein normales Erleben des Lebens sabotiert und gleichzeitig seinen Nächsten in blindem Glauben daran hasst und verfolgt, dass er es sei, der der bitterste Feind, Verfolger und Saboteur dieses Lebens ist.
6. Kapitel
Die unfertige Seite Nr. 3 dieser jetzigen modernen Kultur. Götterdämmerung
Dass eine Gesellschaft von Wesen, die einem vielköpfigen lebenzerstörenden Wesen in ihrer Mentalität Leben gibt, zu einer Welt von Finsternis wird, ist klar. Da aber die Wesen selbst gleichzeitig glauben, dass es der Nächste sei, der der Unterminierung ihres Glücks und Wohlseins Leben und Kraft gibt und ihm deshalb nach dem Leben trachtet, muss das ganze Lebensgebiet dieser Wesen sozusagen zu einer Welt voller Dämonen werden. Alle sind im Krieg mit allen und glauben, dass sie sich dadurch aus der Finsternis retten und das Dasein genau des Friedens schaffen können, nach dem diese armen Wesen in ihrem innersten Selbst beginnen zu hungern. Sie verstehen also überhaupt nicht, dass sie das, was sie ihrem Nächsten antun, gegen sich selbst richten. Sie glauben voll und ganz, dass ihre Rettung die Entwicklung der Fähigkeit ist, diesen ihren Nächsten zu ermorden und zu versehren, zu fesseln und zu binden. Sie ahnen also nicht, dass sie mit jeder Sabotage, die sie am Leben und Wohlsein ihres Nächsten vorgenommen haben, einen neuen Kopf am nagenden und lebenzerstörenden tierischen Wesen im Innern ihrer eigenen Psyche geschaffen haben. Dem Ungeheuer, das sie bekämpfen wollen, geben sie also neues Leben und neue Kraft mit ihren mörderischen und inhumanen Gedankenarten, ihrem Hass und ihrer Verfolgung ihres Nächsten. Kraft dieses ihres kulminierenden Unwissens und ihres Aberglaubens ist es gegeben, dass eine Gesellschaft dieser Wesen unmöglich eine vollkommene Kultur des Friedens aufbauen kann. Wir sehen denn auch diese Kultur der Dämonen als einen vollständigen Kontrast zu der Weltkultur oder dem Himmelreich des wahren Menschen. Dem Zukunftsmenschen, der daran gewöhnt ist, in einer Weltkultur zu leben oder in dem Wohlgefallen des Friedens, der allen Erdenmenschen vorausgesagt worden ist und wo jeder Mensch alle liebt, kann es doch eine "Gänsehaut" verursachen oder ihn erschaudern lassen, wenn er auf die Tausende von Jahren zurückschaut und diesen Kontrast zum Himmelreich in der augenblicklichen so hoch gepriesenen modernen Kultur sieht. Er sieht, dass in dieser Kultur Millionen von Menschen an Hunger, Not und Elend sterben, während gleichzeitig andere Gruppen von Menschen im Überfluss oder in einem überdimensionalen Besitz der physischen oder materiellen Güter leben. Einige Menschen leben in Luxuspalästen mit dazugehörigem Dienerstab. Sie sind mitunter zu vornehm, um sich selbst an- und auszukleiden. Andere Menschen erleiden ein Armendasein in den Slumvierteln der Großstädte, in Ruinen, Schuppen und Verschlägen oder Gerümpel, wo immer sie ein wenig Schutz vor Wind und Wetter finden. Der Mensch der Zukunft sieht hier deutlich, dass in der Administration des materiellen Lebensbedarfs dieser Kultur keine besondere Nächstenliebe existiert. Noch weniger Verständnis des Nächstenliebeprinzips findet der wahre Mensch, wenn er sieht, dass man es in dieser Kultur als wichtigste Aufgabe sieht, alle jungen Männer zur Ausbildung in der Kriegskunst zu zwingen, ihnen beibringt, die modernen Mordwerkzeuge zu bedienen, mit denen man die Fähigkeit vervielfältigt, das Leben, das Eigentum und die Kulturwerte des Nächsten zu vernichten. Und diese kriegerische Einstellung hinterlässt ihre tiefen Spuren. Tausende und Abertausende von Kindern hatten ihre Eltern im Blutbad des Krieges verloren und waren auf gut Glück dem Zufall preisgegeben. Tausende und Abertausende von Eltern suchten nach ihren Kindern, die während desselben Blutbads abhandengekommen waren. Und diese Götterdämmerung ergab Millionen von Invaliden, die nur mit Hilfe von künstlichen Gliedern, künstlichen Händen, Armen und Beinen das Leben erleben konnten. Aber nichtsdestoweniger lobte man dieses Kulturmilieu als "Feld der Ehre". Es sind immer noch die Götter Walhalls und ihr blutbesudeltes Paradies, denen gehuldigt und die in großen Gebieten der herrschenden Kultur angebetet werden und das unter dem Namen "Christentum". Aber innerhalb dieses Christentums hat man nicht nur die genialsten Mordwaffen und Vernichtungsmittel entwickelt, mit denen man andere Nationen, Staaten und Völker und ihre Kulturwerte zunichtemachen kann, man hat hier auch ein passendes Mordsystem entwickelt, mit dem man glaubt, die Gerechtigkeit innerhalb des Staates selbst oder der Nation zu fördern. Hier mordet man oder richtet man Menschen hin mit Gewehren, Guillotinen, elektrischen Stühlen usw. im Namen des Staates oder "des Gesetzes" und übrigens auch im Namen dessen, der da zu seinen Jüngern sagte: "Steck dein Schwert in die Scheide, denn alle, die zum Schwert greifen, sollen durch das Schwert umkommen". Ja, die jetzige Kultur kann ihm nicht entkommen, ihm, dem es zur täglichen, natürlichen Verhaltensweise wurde, sich lieber kreuzigen zu lassen, als dass er wollte, dass sein Nächster leiden sollte, ihm, der große Bereiche unfertiger Natur oder Primitivität und Aberglauben enthüllte. Von seinem Reich aus, das noch nicht von dieser Welt ist, kann man, wenn man auf die jetzige Kultur zurücksieht, nicht vermeiden, in eine Welt der Götterdämmerung, des Anbetens von Walhall und seinen Göttern hineinzusehen. Hierzu kommt weiter eine bis ins Unendliche verstärkte Anbetung des goldenen Kalbes. Der große Strom von Wesen hofft auf ein Krösusdasein und sieht mit Verachtung auf die arme Stallherberge, die im Weihnachtsevangelium Ausdruck einer Heimstätte für ihn wurde, der der Weg zum Licht war. Deshalb musste eine Götterdämmerung über Jerusalem kommen. Und deshalb musste eine Götterdämmerung über jede Kultur kommen, in der Erziehung, Moral und Ehrbegriffe auf Gold statt auf Nächstenliebe oder dieses "lieber zu nehmen als zu geben" basieren. Im gleichen Ausmaß, in dem man die Fähigkeit "lieber zu geben als zu nehmen" entbehrt, im gleichen Grad wird unser Verhältnis zu unserem Nächsten auf Primitivität und Aberglauben gegründet sein. Und da geht man unbefangen dort, wo Engel nicht hinzutreten wagen.
7. Kapitel
"Richtet nicht …"
Dieses vorstehend geschilderte Zukunftsbild ist nicht die Ansicht des jetzigen allgemeinen Erdenmenschen über Kultur und Verhaltensweise. Es ist ein Rückblick von den hohen Zinnen der fertigentwickelten Menschheit aus. Es ist das, was das organisch, kosmisch bewusste Wesen von der Situation des Erdenmenschen von heute sieht. Von diesem Bewusstseinsniveau aus blickt der Welterlöser auf diese Situation. Im Verhältnis zu seinem Reich und dem, was der Sinn des Lebens oder Gottes Ziel für den Menschen ist, sieht die jetzige Kultur so aus. Aber die Wesen, deren Bewusstsein so hoch entwickelt oder fertigerschaffen als Abbild Gottes ist, dass sie im wahren Menschenreich leben, sind hochintellektuelle und liebevolle Richter. Dadurch bekommen sie die Möglichkeit, das Dasein und Leben von Gottes eigenem großen Aussichtspunkt aus zu sehen und bekommen dadurch die gleiche Einstellung zum Leben und Dasein wie die Gottheit selbst. Es ist dies, was Christus da ausdrückt, wo er sagt: "Ich und der Vater, wir sind eins". Von diesem hohen Aussichtspunkt aus kann man sehen, dass man keinem einzigen Erdenmenschen von heute diese unfertige Weltkultur vorwerfen kann. Der unfertige Mensch hat nicht die Erfahrungen über den Weg der Liebe, die es ermöglichen, in allen Situationen diesen einzigen wahren und unfehlbaren Weg zum Licht zu sehen. Er muss deshalb hier und da mehr oder weniger von diesem Weg abkommen und dadurch die Undurchdringlichkeit, die Moraste und schlammigen Terrains erfahren, die den Weg zum Licht für den versperren, der nicht den Weg der Liebe gehen will. Aber es zeigt sich durch die Entgleisungen, dass der Liebesweg markiert ist und zur Tatsache wird. Und nach den Erfahrungen, die die Menschen nicht haben, sondern erst später machen, können sie ja heute nicht handeln. Da, wo sie nicht die wirklichen Erfahrungen haben oder Tatsachen kennen, können sie auch nicht das richtige Wissen haben. Und da, wo sie das richtige Wissen nicht haben, sind sie gezwungen, Primitivität und Aberglauben aufzuweisen. Aber Primitivität und Aberglauben sind wiederum die überflüssigen Teile, die Gott noch nicht von dem Stein oder Marmor wegmeißeln konnte, aus dem er sein großes Kunstwerk, "den Menschen als sein Abbild", formt. Und wer wagt es, das Werk eines Künstlers zu beurteilen, solange dieser noch nicht das vom Stein- oder Marmorblock entfernt hat, was nicht zum Kunstwerk gehört? Es sind nicht die überflüssigen Teile des Steines oder Marmors, die der Künstler abschlägt oder entfernt, sondern es ist das, was er vom Block sorgfältig zurücklässt, was zum Kunstwerk wird. Auf die gleiche Weise sind es auch nicht die Primitivität oder der Aberglauben und die hierdurch ausgelösten verkehrten Handlungen gegen unseren Nächsten, die Gott als das Dauerhafte zurücklässt, sondern das Edle, das Liebevolle in seinem Charakter und seiner Verhaltensweise wird zu Gottes Kunstwerk – wird zum Menschen als Gottes Abbild, ihm gleichend. Deshalb muss sich der jetzige Erdenmensch dadurch, dass er seine eigene Kultur und Verhaltensweise mit Gottes fertigem Plan für den Menschen und seiner Verhaltensweise vergleicht, darüber klar werden, wie töricht es ist, seinen Nächsten nach dessen unfertigen oder verkehrten Handlungen zu beurteilen. Diese werden ja nur das bedeuten oder markieren, dass er noch nicht das fertige ausgemeißelte Kunstwerk aus Gottes Hand ist. Das unfertige Werk Gottes als fertig zu beurteilen und ihm Fehler oder Mängel vorzuwerfen, ist nicht nur eine Enthüllung unserer eigenen Naivität oder unseres eigenen unfertigen Zustands, sondern es ist auch eine Kreuzigung unseres Nächsten und ein Hohn gegenüber dem ewigen Vater, dessen Geist immer noch "über den Wassern" leuchtet und funkelt und in dessen Strahlenglorie wir ewig bereichert werden mit Leben, Weisheit und Liebe.
Dieser Artikel wurde erstmals im dänischen Kosmos 09/1953 unter dem Titel "Primitivitet og Overtro" veröffentlicht. Zum ersten Mal im deutschen Kosmos Nr. 4, 2017 erschienen. Artikel-ID: M1950. Er wurde außerdem in dem "Kleinen Buch" Nr. 23 "Die Unsterblichkeit der Lebewesen" als letzter von insgesamt drei Artikeln veröffentlicht. Die Herausgabe der deutschen Übersetzung dieses Buches ist in Arbeit. Übersetzung: Karin Linde.

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